Dienstag 19.11.2019

Dienstag morgen nach der Andacht treffen wir uns mit den Ärzten im Meeting Raum, wie jeden morgen gibt es eine Übergabe der letzten Nacht. Ich freue mich zu hören, dass der 4 jährige Junge mit der Darm OP von gestern soweit gut zufrieden ist. Ein anderer Fall macht mir mehr zu schaffen, gestern Abend wurde ein Junge mit Zustand nach Fahrradunfall aufgenommen, er hat eine große Wunde am Auge, ganz hoch Fieber (40°) und ist seit dem Unfall bewusstlos....nur auf Schmerzreiz erweckbar... Pupillen seien soweit okay wird berichtet... wir gehen einige Patienten visitieren, ich merke mir welche Wunden ich noch verbinden soll und wir gehen weiter zur ICU (Intensivstation).

Während wir uns die Drainagen des Kleinen mit Darm OP ansehen und den Bauch abhören (ob der Darm schon Bewegungen abgibt), schiele ich voller Sorge zum Nachbarbett, dort liegt der Junge mit Schädelverletzung...er sieht grau aus... (ja das sieht man auch bei dunkler Hautfarbe) er hat nicht wie bei uns auf Intensiv, alle Maschinen zur Kontrolle der Atmung, Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz usw an sich... sein Vater sitzt neben ihm und schaut in sein Handy... ich frage Dr. Lolwako nach dem Jungen und weise darauf hin, dass er grau aussieht, man beschließt einen Pulsoximeter (um die Sauerstoffsättigung zu messen) aus dem OP zu holen, grad in diesem Moment, hört der kleine auf zu atmen... es wird hektisch Equipment gesucht, zum Glück findet sich ein Beatmungsbeutel, leider nur für Erwachsene... es dauert alles sehr lange bis alle an Bord ist um den Jungen passend zu beatmen und... (der Vater sitzt übrigens immer noch teilnahmslos am Bett und ließt Whatsapp) alles muss aus dem OP geholt werden.

Bei uns gibt es fertig gepackte Notfallwagen mit allem was man braucht... Als der Junge soweit stabil ist, wird über die Möglichkeiten diskutiert... leider ist das nächste Krankenhaus mit der Diagnostik für ihn 400 km weit entfernt... ich bin total traurig, es sieht sehr sehr schlecht aus für ihn... Nach weiteren Diskussionen, erfahre ich, dass der Vater zugestimmt hat ihn mit einem Krankenwagen (er muss selber dafür zahlen) nach Mwanza bringen zu lassen... der Krankenwagen kommt auch von weit her, also wieder eine Stunde um, der junge wird die ganze Zeit von Hand mit einem Ambobeutel (eine Art Blasebalg) beatmet... ein mobiles Beatmungsgerät gibt es nicht... gegen Mittag hört man Tatütata, der Transport geht los, ein Anästhesist vom Krankenhaus fährt mit (400 km, von Hand beatmet !!!) wir haben kein gutes Gefühl aber manchmal passieren ja auch Wunder...

Ich muss erst einmal abschalten, bin den Tränen nahe... um auf andere Gedanken zu kommen, besuche ich Gisela, sie ist Lehrerin und arbeitet im Children House (Kindergarten, Vorschule). Die Kiddies kommen mir schon alle entgegen gelaufen und freuen sich mich zu sehen. Alle wollen mich anfassen und hängen sich an mich... 


Wir setzen uns in großer Runde an den Tisch und ich überreiche allen eine Zahnbürste, Zahnpasta und einen Becher (lieben Dank nochmals für die ganzen Spenden dazu :)) Gisela erklärt wie man Zähne putzen muss (sie sagt, dass viele gar keine eigene Bürste haben, manchmal 1 für die ganze Familie...) wir spielen noch mit Luftballons, die kommen immer richtig gut an... das vertreibt meine traurigen Gedanken erstmal... Alle Kinder singen ein Lied für mich und beten.


Später werde ich geholt, ich soll schnell in den OP kommen, eine große Wunde ist zu versorgen und sie hätten gerne meine Unterstützung dabei... hörte sich schlimmer an als es war... unsere mitgebrachten Geräte zum Koagulieren kommen gut an und ich habe das Gefühl, das sie jetzt alle in der Handhabung sicher sind. 
Kaum bin ich raus aus dem OP fängt Dr. Lolwako mich ab, ich soll mit ihm zu einer Patientin, die aus der Harnröhre blutet. Es ist später Nachmittag und wir sind bei Witness zu Essen eingeladen.
Allerdings dauert es ewig mit der Patientin, es geht ihr sehr schlecht, sie hat einen Spülkatheter liegen, der immer wieder verstopft, die Blase kann dadurch nicht entleert werden und es tut höllisch weh.Also spülen wir ewig lange mit größeren Kathetern bis die meisten Koagel raus sind (man muss sich das mal vorstellen: alles im Bett, ohne sterilen Bedingungen ohne jegliche Schmerzmittel und vor den Augen der Familie... das ist hier normal... ich bin entsetzt...) 

Die anderen vermissen mich sicher schon, ich bin viel zu spät zu unserer Verabredung. Schnell waschen und umziehen, Klamotten einweichen( bin total besudelt...). 
Beim Essen komme ich so langsam runter, dies war bislang für mich der schlimmste Tag. So eben erfahren wir, dass der Junge stabil in Mwanza angekommen ist... hoffen wir das Beste...
Ich schlafe wie ein Stein !

So, jetzt mein (Susanne) Beitrag :
Jackson macht unglaubliche Fortschritte an Stützen...er will einfach!!! Macht schon meine kleine akrobatische Darbietung an der Wand nach (Anhocken der Beine wie beim Barrenturnen!!). Einfach unglaublich nach 11 Monaten im Bett. Wir gehen immer zweimal am Tag zu ihm um in meiner zeit in Ndolage möglichst viel zu erreichen... Onesmo und Melchior werden ihn aber sicherlich total gut weiter betreuen.
Ich unterhalte mich noch viel mit dem Palliativ Team aus Arusha und aus Ndolage. Das hilft mir gut weiter beim dem Antrag an die Stiftung, die das Team in Ndolge in Zukunft unterstützen soll. Arusha ist eine sehr große Stadt mit einem bedeutsamen Krankenhaus und das Palliativ Care Team von dort ist Vorreiter in diesem Bereich. Außerdem ist Nosrin sowohl Leiterin des Arusha Teams als auch Vorsitzende aller Palliativ Care Teams der lutherischen Kirche in Tansania (28 Teams). Der Kontakt zu ihr ist für mich absolut hilfreich (außerdem trotzt sie vor Energie und das ist ansteckend).

Das Schicksal des Jungen mit dem Autounfall nimmt alle ziemlich mit... und man merkt wieder was für ein Glück wir in unserem Teil der Erde haben wenn unseren Kindern so etwas zustößt... da lernt man dankbar zu sein...

Meike's  Erlebnisse an diesem Tag beeindrucken mich sehr!

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