Montag 01.04.2019

Montag 01.04.2019

Strom immer noch weg. 
Heute hat Daktari Guido wieder Sprechstunde auf dem Plan... alle Bänke, Mauren und Fußböden sind schon besetzt mit Menschen, die auf den Daktari warten.


Dan macht Sprechstunde in der Physiopraxis, Tobias repariert DEFIS und Vernebler. 

Ich (Susanne) fahre mit Melchior -die eine Hälfte des palliativ Teams hier) mit dem PikiPiki zu einem Patienten... 15 Kilometer über afrikanische Buckelpiste. Ich fühle mich als ob ich durch einen riesigen Botanischen Garten fahre. Bananen, Mangos, Kaffee, Yum, und und und...Melchior erklärt mir vieles unterwegs. Meistens gibt es mindestens drei Anbauschichten: unten Bohnen, dazwischen etwas halbhohes, oben Bananen.  Alles von Hand bearbeitet, d.h. Landmaschinen sieht man hier nicht...und auch keine Giftspritzen...das kann sich hier keiner leisten. Wenn die kleinen Müllplätze nicht wären, eigentlich ein kleines Paradies.


Wir kommen an der Hütte des Patienten an, eine kleine Lehmhütte mitten im Banananenwald. Der Patient sitzt an die Wand gelehnt auf einer Bastmatte, der Boden der Hütte ist mit Gras ausgelegt.  Er freut sich über unseren Besuch.

Ibrahim ist 43 Jahre alt und hat seit einem Jahr eine Paraplegie, kann also nicht mehr laufen. Er hat Schmerzen in den Beinen und mehrere schlecht aussehende Stellen and den Füßen. Seine Frau hat ihn verlassen nachdem er nicht mehr gehen konnte,  seine 3 Kinder versorgen ihn seitdem. Ins Krankenhaus kann er nicht, da er keine Angehörigen hat, die ihn dort versorgen und natürlich hat er auch kein Geld. Da es keine genaue Diagnose gibt und wenn überhaupt, nur eine OP der Wirbelsäule in Frage käme, die in Ndolage Hospital nicht geleistet werden kann, bleibt er in seine Hütte und wird palliativ versorgt, d.h. es kommt überhaupt irgendjemand vorbei bezüglich seines Gesundsheitstzustandes (ein Transport ins Krankenhaus würde auf einem PikiPiki erfolgen; seine gelähmten Beine würden irgendwie festgebunden. So werden hier fast alle Patienten transportiert u.a. hochschwangere Frauen). Melchior gibt ihm ein Antibiotikum wegen seiner offenen Wunden an den Fersen. Ich mache den Vorschlag seine Beine auf glatten Bananenblätern zu lagern (die gibt es ja überall), zeige dem Sohn Spitzfussprofylaxe (er wird zwar sicher nicht mehr laufen können, aber das tut den Füßen trotzdem gut). Nette Leute! 

Ich bekomme einen ganz kleinen Eindruck vom Palliative Care ... und finde es ganz wichtig, dass es hier so etwas gibt.

Mittags sind wir zurück, und es geht gleich weiter in der "Praxis". Mittags Pause ist erst um 14:30. Es gibt leckere Bananenchips, natürlich auf Bitte von Dan, der einen besonders guten Draht zu unseren Küchenmädels hat. 

Der Strom ist immer noch weg.

Nachmittags "durchsuchen" Tobi und Dan die hier rumstehenden Container (mit Spenden aus europäischen Ländern) nach Brauchbarem. Dabei finden sie zwei Rollatoren  und einen Kinderrollstuhl,  den Tobias und Dan für den kleinen Eddie reparieren wollen. Der Umgang mit dem Inhalt dieser Container ist etwas merkwürdig, z.T. lagern dort sehr gut zu gebrauchende Dinge. Wir verstehen nicht dass sie nicht benutzt werden. 

GUIDOS BERICHT für Montag 01.04.2019

Ein paar Bemerkungen zu der Sprechstunde: 
Der Vorraum des Krankenhauses ist voll mit Menschen, die zum Teil sehr weit angereist sind, dabei sehr Gebrechliche und Kinder, die gestillt werden. Ich habe einen kleinen Raum zusammen mit Dr. Francis, der als Übersetzer fungiert und sich mit den Gepflogenheiten auskennt. Dazu gehört, dass der Arzt den Befund schriftlich fest hält, auf den Anforderungsschein für das Röntgen die Personalien des Patienten einträgt, Rezepte ausfüllt und wiederum die Personalien des Patienten einträgt. Ca 30. % der Behandlungszeit entfällt gefühlt auf das Ausfüllen der Formulare. Die Helferinnen führen derweil ein relativ stressfreies Dasein. 

Heute ist es wieder richtig voll, dazu fangen wir verspätet an. Jetzt geht mein teutonischer Hang zur Effizienzsteigerung mit mir durch: Nach Rücksprache mit Francis bekommen wir einen zweiten Raum, Helferinnen besetzen diese alternierend mit Patienten, füllen die Formulare aus, derweil springen Francis und ich hin und her und behandeln. Es läuft fast so gut wie in der Praxis Reinhardt/Kruse. Wir schaffen  dadurch ca. 10 Pat. Pro Stunde.
90 % der Patienten „haben Rücken“. Das wird langsam zum Problem, denn auch der beste german Daktari kann nicht durch Handauflegen chronische Rückenschmerzen heilen, die durch die Lebensweise hervor gerufen werden. Diese Patienten drainieren aber unsere Energie weg von eigentlich  viel kränkeren Patienten:




55 F, Jahre, seit Jahren schlecht eingestellte Diabetikerin. Wegen eines Fußulcus wurde ihr bereits der rechte Unterschenkel amputiert. Keine Prothesenversorgung, das Knie ist teilkontrakt. Zur Untersuchung wird sie von ihrem Mann getragen, Druckschwielen über den Kniescheiben zeigen, dass sie offensichtlich auch kriecht, um sich fort zubewegen.

Unter dem linken Großzehenballen bildet sich jetzt ein neues Ulcus. Unbehandelt kann man davon ausgehen, dass auch hier in wenigen Wochen eine Entzündung auftreten wird, die ihr das zweite Bein kosten wird. 



Ihr Schuhwerk ist völlig ung eeignet und wird en negativen Verlauf beschleunigen, orthopädische Schuhmacher gibt es nicht.



Da uns glücklicherweise Verbandsschuhe gespendet wurden ( Dank an Doris Knaup) haben wir den Fuß in „ cotton“ ( wird benutzt zum Unterpolstern der Gipse ) gepackt und den Mann in der Versorgung instruiert. So könnte sie eine Chance haben, ihr Bein zu erhalten.





Auch fusschirurgisch interessante Fälle sind dabei: 4 J, f, Doppelanlage der rechten Großzeh, wird morgen korrigiert. 



Der Strom ist wieder da!!! Und das Internet funktioniert auch wieder. 

So langsam fangen wir an, Resümee zu ziehen, es sind ja nur noch drei Arbeitstage hier...unsere Gefühle und Gedanken sind sehr ähnlich.

Spät abends bestaunen wir unter Guidos Anleitung das KREUTZ DES SÜDENS.


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